Aus der Schatztruhe. März 2020

Kreuzerscheinung am Hohen Donnerstag 1561

Von diesem bemerkenswerten Ereignis erfahren wir dank Johann Jakob Wick. Der Zürcher Chorherr trug im 16. Jahrhundert Zeitzeugnisse zusammen und schuf mit der online zugänglichen Wickiana ein bedeutendes Epochenarchiv.

Notiert hat den Vorfall ein Appenzeller namens Jost Jakob. Ernst H. Koller und Jakob Signer erwähnen in ihrem Appenzellischen Wappen- und Geschlechterbuch von 1926 mehrere Träger dieses Namens. Auf den Seiten 150-151 ist von einem Jost (Jöstli) Jakob die Rede, bei dem es sich höchstwahrscheinlich um den Berichterstatter handelt. Der zweitälteste Sohn von Jost Jakob aus Schwyz gehörte von 1553-1575 dem kleinen Rat der Schlatter Rhode an. Er trat bei verschiedenen Rechtsgeschäften in Erscheinung und war 1570 Pintenwirt in Appenzell.

Jost Jakob schildert die Kreuzerscheinung folgendermassen :

«Jost Jacob in Appenzell.
By uns im Rintal hand III man oder meer uff den grossen Donstag ein schwaben crütz rots am himel ob unserem birg ob den 20 schuoen lang abentz umb die 4 ur sichtbarlich gesehen, und ein schwytzer crütz glich danebent, doch äben wyt darvon ouch ob unserem gebirg, alls gegen Rintal. Gott gefügs zuo eim guoten end.
Anno 1561. 3a Aprilis»

Matthias Senn transkribierte den Text ins Neu-Hochdeutsche (Die Wickiana. Johann Jakob Wicks Nachrichtensammlung aus dem 16. Jahrhundert. Texte und Bilder zu den Jahren 1560 bis 1571 / ausgewählt, kommentiert und eingeleitet von Matthias Senn. Küsnacht-Zürich 1975, S. 277):

«Jost Jakob in Appenzell
Bei uns im Rheintal haben drei oder mehr Männer am Gründonnerstag ein rotes Schwabenkreuz gesehen am Himmel über unserem Gebirge, über 20 Schuh lang, abends um vier Uhr; ein Schweizer Kreuz gleich daneben, doch ein bisschen davon entfernt auch über unserem Gebirge, alles in der Richtung des Rheintales. Gott füge es zu einem guten Ende.
Im Jahr 1561, am 3. April»

Dürfen wir aufgrund fehlender weiterer Hinweise ein gutes Ende annehmen?

Autor: Lino Pinardi, Lüchingen

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