Aus der Schatztruhe. März 2019

Auch wenn sich das Centre d’iconographie genevoise (CIG) auf Bilder von Genf und seiner Umgebung konzentriert, finden sich in den digitalisierten Beständen einzelne Einträge mit Bezug zur Region Appenzell. Nebst einem fotografischen Abzug einer Ansicht von Bühler oder einem Glasnegativ, das den Herisauer Bahnhof zeigt, präsentiert das CIG eine Serie von Karikaturen vom Genfer Zeichner Jean Chomel (1839-1877) aus der Mitte des 19. Jahrhunderts. Dort werden mitunter die «Fruitiers d’Appenzell» aufs Korn genommen. Diese «Appenzeller Käser» waren eine auch vor Gewalt nicht zurückschreckende Partisanenmiliz der Liberalen, die der Feilenfabrikant Moïse Vautier 1855 ins Leben rief. Vautier, 1831 in Genf geboren, hatte in den 1840er Jahren in St. Gallen eine Lehre als Schmied absolviert und stellte sich nach der Rückkehr in seine Geburtsstadt hinter den Liberalen James Fazy (1794-1878), der als Mitbegründer des modernen Genfs gilt. Während Vautiers Zeit in St. Gallen hatte er sich wohl auch im Appenzellerland umgeschaut oder sich vielleicht einfach von Erzählungen über die (blinde) Tüchtigkeit der Appenzeller Käser beeindrucken lassen, die sich seine «Fruitiers d’Appenzell» in Genf zum Vorbild nehmen sollten. 

So oder so lohnt sich ein Besuch der Webseite des CIG. Man stösst dort nicht zuletzt auf den vielseitigen Nachlass der Genfer Fotografenfamilie Boissonnas, den Nicolas Schätti, Konservator im CIG, jüngst in der fotohistorischen Revue Transbordeur vorgestellt hat. Zu diesem Bestand gehört eine in den 1920er Jahren angefertigte Reproduktion des bekannten Gemäldes von Konrad Witz «Der wunderbare Fischzug» aus dem Jahr 1444, das als früheste treue Landschaftsdarstellung Europas gilt. Witz verlegte für sein Gemälde die biblische Szenerie am See Genezareth an den Genfersee.

Abbildung: Caricature des fruit[i]ers d’Appenzell ( «Pour être bon bon fruitier on doit être sourd et aveugle» [Um ein guter Käser zu sein, muss man taub und blind sein.]), 1855, Zeichner: Jean Chomel, Signatur: Rec Est 0017 042, Bibliothèque de Genève >

Autor: Stephan Graf, Genf

Zurück zur Schatztruhe >